Handbuch

 

Abschnitt II.
Der Unterwasser-Torpedoangriff

A.Grundlagen für den Unterwasserangriff

91. Ziel des Unterwasserangriffs ist der sichere,unbemerkte Schuss aus geringer Entfernung. Je geringer die Entfernung zum Gegner, um so sicherer ist die Schätzung von Gegnerfahrt und -lage. Der Nahschuss ist ferner am günstigsten, weil selbst starke Verschätzungen in den Schussunterlagen wegen der kurze Laufzeit des Torpedos sich nicht mehr wesentlich auswirken können, und weil jede Abwehrmaßnahme des Gegners- etwa durch Zu- oder Abdrehen, falls das U-Boot oder der Torpedo bemerkt werden- zu spät kommt.

92. Die untere Grenze des Nahschusses ist durch die Strecke gegeben, die der Torpedo bis zum eingesteuerten Tiefenlauf braucht, und durch den Sicherheitsabstand des U-Bootes vom Detonationspunkt des Torpedos. Auf Entfernungen unter 300m ist daher nicht mehr zu schießen.

93. Die Unsichtbarkeit beim Angriff wird ermöglicht durch entsprechend unsichtbaren, geschickten Sehrohrgebrauch, den schwallosen Torpedoaustoß und den blasenlosen Torpedo.

94. Horch- und Ortungsanlagen des Gegners sind in ihrer Wirkung von Seegang, Wasserverhältnissen, Fahrt des Gegners (vgl. Abschnitt I, Teil B, II und III), Aufmerksamkeit des Personals und anderen Bedingungen abhängig. Die Gefahr feindlichen Horchund Ortungsdienstes darf keinen Grund bilden, vom tödlichen Angriff auf geringer Entfernung abzugehen.

95. Schusstechnisch günstig für den Nahschuß auf Schiffe mit geringer oder mittlerer Geschwindigkeit ist es, aus einer Gegnerlage von 90° zu schießen, da sich hierbei Fehler in der Lageschätzung am wenigsten auswirken; außerdem lässt sich die Gegnergeschwindigkeit in dieser Lage am besten schätzen. Bei größeren Entfernungen (über 1000m) und bei Gegnern mit hoher Geschwindigkeit ist eine spitzere Lage beim Schuß etwa 60°- anzustreben.

96. Auf den beim Vorsetzen zum Unterwasserangriff erkoppelten Gegnerwerten bzw. auf den Schätzungen der Gegnerwerte unter Wasser: Lage, Fahrt, Entfernung baut sich die Durchführung des Angriffs auf, solange keine E-Messung und hierauf aufbauend kein Auswanderungsverfahren (Koppelanlage) vom U-Boot aus möglich ist. Das Schätzen der Gegnerwerte von der Augeshöhe und mit der monokularen Optik des Sehrohres ist schwierig und bedarf ständiger großer Übung.

97. Das Schätzen der Lage ist am leichtesten, je vorlicher das U-Boot zum Gegner steht. Gegen die Sonne ist die Lageschätzung schwierig.

98. Die Fahrt des Gegners ist am besten aus der Querabrichtung zu schätzen. Beim schätzen der Geschwindigkeit ist mehr das Heckwasser als die Bugsee zu beobachten, da diese bei scharfgeschnittener Bugform häufig sehr gering ist. Die Hecksee ist außerdem durch Bemalung usw. auch schwerer vorzutäuschen. Bei der Fahrtschätzung ist der Kurs des Gegners zum Seegang, die Auswanderung und Lageänderung zu beachten.

99. Das Schätzen der Entfernung muß bei jeder sich bietenden Gelegenheit geübt werden. Die Sichtverhältnisse spielen beim Schätzen der Entfernung eine wesentliche Rolle. Bei klarem Wetter und mit der Sonne im Rücken wird die Entfernung leicht unterschätzt, bei trübem Wetter, gegen die Sonne, in der Dämmerung und bei Mondlicht überschätzt.

100. Günstige Angriffsbedingungen:

a) Aus der Sonne:
Der Schütze wird nicht geblendet, sondern kann das scharf umrissene Ziel gut sehen. Vom Gegner aus ist das sparsam gezeigte Sehrohr in dem von greller Sonne reflektierenden Wasser nicht zu sehen und meist auch eine Blasenbahn erst, wenn es zu spät ist.

b) Aus Luv:
Grundsatz: Das Sehrohr soll mit der See fahren. Die von hinten kommende See spült immer von selbst über das richtig, d.h. niedrig gezeigte Sehrohr hinweg; Spritzer und Wasserfahne des Sehrohrs sind weniger erkennbar. Außerdem ist der Ausguck des Gegners nach Luv,vor allem bei starkem Wind oder Regen, erschwert. Hinsichtlich der Windseite bildet der Heckschuß bei mäßigem Wind eine Ausnahme, da das mit der See, also beim Heckschuß nach Lee, ablaufende U-Boot die See nahezu ausdampft, während in diesem Falle zu luward - gegen die Seefahrend- markante Spritzer durch das Sehrohr auch bei geringer Fahrt des U-Bootes entstehen können. Bei scharfem Wind ist jedoch auch für den Heckschuß die Luvsite günstiger, weil dann naturgemäß vom Gegner nach See besser Ausguck gehalten wird und leichter zu beobachten ist.

c) Windstärke 3 bis 4 und Seegang 2 bis 3 sind für die Durchführung des Angriffs am günstigsten weil die See dann eben über das niedrig gezeigte Sehrohr hinwegspült, ohne die Sicht auf den Gegner zu beeinträchtigen, während die Tiefensteuerung des Bootes nicht erschwert wird.

101. Ungünstige Angriffsbedingungen:

a) Starker Seegang bzw. Dünung:
Das Boot lässt sich schwer auf Angriffstiefe halten, besonders wenn vor der See angegriffen werden muß. Je nach den den Tiefensteuereigenschaften des Bootes wird hierdurch dem Unterwasserangriff überhaupt bald eine Grenze gesetzt sein (vgl. Abschnitt I, D, Ziffer 78). Am ehesten ist bei starkem Seegang der Angriff noch quer zur See fahren (für Tiefensteuerung des U-Boots und Tiefenlauf des Torpedos am günstigsten).

b) Ölglatte See:
Die geringste Kräuselung selbst des sparsam gezeigten Sehrohrs ist auffällig und daher leicht vom Gegner zu beobachten. Ausnahme: aus greller Sonne heraus, in der Dämmerung und in mondheller Nacht.

c) Angriff mit schwarzen Gewitterwolken im Hintergrund:
Auch das günstigst gemalte Sehrohr erscheint hierbei gegen die tief schwarzen Wolken weiß.

d) Gegen die Sonne:
Das Schätzen von Fahrt, Lage und Entfernung ist wesentlich schwieriger. Außerdem besteht beim Angriff gegen die Sonne die Gefahr, dass das Objektiv spiegelt.

102. Frei

103. Frei

104. Frei

 

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