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B. Ansatz des U-Boots zum Unterwasserangriff. 105. Allgemeine Regeln für den Angriff: a) Misstrauen und Vorsicht auf dem Marsch, solange kein Angriffsziel vorhanden ist, aber voller Einsatzbeim Angriff. b) Überlegt herangehen, wenn Angriffsziele vorhanden sind. Mit zähem Willen und Standfestigkeit den Angriff wirklich bis zum vernichtenden Enderfolg durchzuführen. Es gibt beim Angriff oft Situationen, wo man Grund haben könnte, vom Gegner abzulassen. Diese Augenblicke und Stimmungen müssen überwunden werden. c) Nie sich dem Selbstbetrug hingeben; im Augenblick nicht anzugreifen oder nicht mit aller Zähigkeit am Gegner dranzubleiben, weil man hofft und glaubt, später an anderer Stelle ein besseres Angriffsziel zu finden. Was man hat, das hat man! - Aus solchen Überlegungen heraus seinen Brennstoff sparen wollen. d) Nur bei zwingender Notwendigkeit den Angriff hinauszögern,
z.B. in der Abenddämmerung, falls es für den Unterwasserschuß
bereits zu dunkel ist, um dann nach Einbruch der Nacht über Wasser
sicherer und besser anzugreifen zu können. f) Nicht aus aussichtslosen Lagen schiessen. Nerven behalten und warten, um entweder bei Tage, falls die Helligkeit noch langt, durch ein erneutes Vorsetzmanöver einen zweiten Angriff anzusetzen, oder aber, um nachts anzugreifen. g) Besonders schwierige Ziele für das U-Boot sind Zerstörer wegen ihrer hohen Geschwindigkeit und verhältnismäßig geringen Ziellänge und U-Boote wegen ihrer niedrigen Zielhöhe (schwierige Entfernungsschätzung) und ihrer für die Lageschätzung ungünstigen Überwasserform. Daher kommen auf Zerstörer und U-Boote nur sichere Schüsse, d.h. aus geringer Entfernung, in Frage. Keine Einzelschüsse; Fächer schießen. h) Im Kriege ist man im allgemeinen stets weiter ab, als man glaubt,besonders nachts. Also durchhalten und nahe herangehen. Nahe Schussentfernung gibt auch die größere Sicherheit für das eigene Boot. In der Nähe eigener Schiffe wirft die feindliche Sicherung zunächst keine Wasserbomben. 106. Jeder Unterwasserangriff ist grundsätzlich so anzusetzen und durchzuführen, dass möglichst bald geschossen werden kann. Günstige Angriffsaussichten können durch Zögern verdorben werden. Wenn es die Lage erlaubt,muß daher dem Gegner entgegengelaufen werden. Es ist falsch, vor dem Gegner herzulaufen und zu warten, bis er in Schussweite aufdampft. 107. Der Kommandant muß sich kurz entschlossen und wendig nach Lage der Dinge für die günstigste und am schnellsten zum Erfolg führende Angriffsart entscheiden. Solange der Gegner in Reichweite ist, muß der Schuß bei etwaigen Abwehrmaßnahmen des Gegners durch Zu- oder Abdrehen jeden Augenblick fallen können, auch wenn die angestrebte günstigste Schussposition, z.B. Lage 90°, noch nicht erreicht ist. Der Kommandant darf sich niemals schematisch starr auf eine bestimmte und gewünschte Lage beim Angriff konzentrieren und nur darauf operieren. 108. Bei der geringen Unterwassergeschwindigkeit des U-Boots ist eine vorliche Stellung zum Gegner bei Beginn des eigentlichen Unterwasserangriffs erforderlich. Je weiter der Abstand zum Gegner ist, um so vorlicher muß die Anfangsstellung für den eigentlichen Unterwasserangriff sein. Bei normalen Sichtverhältnissen und normalen Angriffsbedingungen soll daher erst zum Unterwasserangriff getaucht werden, wenn Lage 0° zum Generalkurs des Gegners erreicht ist. 109. Steht das U-Boot beim Insichtkommen des Gegners nicht bereits in vorlicher Position, so muß versucht werden, die notwendige vorliche Position mit Höchstfahrt über Wasser zu erreichen. Der günstigste Kollisionskurs zum Gegner beim Vorsetzen ist stets der Kurs senkrecht zur Sichtungspeilung, solange das U-Boot vorlicher als auch querab vom Gegner steht. 110. Beim Aufdampfen in die vorliche Position darf das U-Boot seine wertvolle Stärke, die Unsichtbarkeit, nicht gefährden. Bei Tage darf daher vom Gegner bei klarer Sicht nicht mehr gesehen werden, als Eben gerade die Mastspitzen (Ausguck im Mast, E-Meßgerät im Vormars, vgl. Abschnitt I, B, Ziffer 25).7 111. Unterschiede in den Sichtverhältnissen der einzelnen Seegebiete sind zu beachten. Man kann Fälle erleben, in denen man wesentlich näher an ein Überwasserschiff herangehen kann, ohne sofort gesehen zu werden, weil die Sicht nicht immer absolut klar, die Kimm häufig verschwommen und diesig ist. Im Atlantik kann das U-Boot vom Gegner bereits entdeckt werden, wenn es gelegentlich von der Dünung hochgehoben wird, selbst wenn das Boot vorher längere Zeit vom Gegner aus nicht zu sehen war. 112. Das Vorsetzmanöver erfortert in hohem Maße taktisches Können, sein Gelingen ist die Voraussetzung für den darauf folgenden Unterwasserangriff und damit auch die Voraussetzung für den Erfolg. Das Vorsetzmanöver ist daher als taktisches Meisterwerk Sache des Kommandanten allein und bedarf in der Anlage und Durchführung seiner steten Anweisungen. 113. Das Vorkämpfen auf die vorliche Position an der Grenze der Sicht bei Tage ist ein außerordentlich langwieriger und ermüdenter Luvkampf. Es ist ein unablässiges Sägen an der Kimm- immer wieder herangehen, sobald die Mastspitzen kleiner werden, und sofort wieder abstaffeln, sobald die Mastspitzen höher herauskommen. Dieser Luvkampf dauert bei den Sichtverhältnissen im Atlantik Stunden um Stunden, und er kann nur gewonnen werden durch die unbeirrbare Zähigkeit und unablässiges Festhalten am Gegner, selbst wenn das Boot nur langsam nach vorn kommt. Jede Kursänderung des Gegners oder evtl. Störungen beim Gegner können die Lage sofort zugunsten des U-Boots ändern. 114. Das Vorsetzmanöver stets ausnutzen, um durch sorgfältiges Mitkoppeln des eigenen Weges, durch genaues Peilen des Gegners, Entfernungs- und Lageschätzen in zeitlich gleichmäßigen Abständen die Gegnerwerte (Kurs, Fahrt, Zackschema) zu erkoppeln. Diese Werte sind fast immer genauer als die unter Wasser geschätzten. 115. Vorsetzmanöver und Angriff nicht aufgeben, auch wenn Gegnerpeilung nur langsam auswandert. Zähe bleiben. 116. Frei 117. Ob bei der geringen Über- und Unterwassergeschwindigkeit
des U-Boots ein Vorsetzen bei Tage in jedem Fall erfolg haben wird,
hängt von der Geschwindigkeit des Gegners und seiner Lage beim
Sichten ab. Weit vorgeschobene feindliche Sicherung oder Fluggeleit
des Gegners, die das U-Boot frühzeitig und auch häufig zum
Tauchen zwingen und dadurch seine an sich schon geringe Geschwindigkeit
noch weiter herabsetzen, bedeuten für das Vorsetzmanöver eine
zusätzkiche große Erschwerung. Aber auch hierbei zähe
sein und nichts unnötig aufgeben. 119. Vorsicht bei plötzlicher Sichtverschlechterung durch Regenböen usw. Sofort tauchen, falls beim Wiederaufklaren festgestellt wird, dass das U-Boot während der Sichtverschlechterung zu nahe an den Gegner herangekommen ist. 120. Hat das U-Boot die notwendige vorliche Position zum Gegner, d.h. die Gegenpeilung zum festgestellten Generalkurs des Gegners (vgl. Ziffer 108) erreicht, so muß es über und unter Wasser dem Gegner entgegenlaufen, immer in dem Bestreben, sobald wie möglich zum Schuß zu kommen, ehe eine Änderung der Verhältnisse eintritt, z.B. Kursänderung desGegners, die den Angriff vereiteln können. 121. Frei 122. Frei 123. Frei 124. Frei
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